Einleitung
Kinderwelt ist eine
Nachahmung der Erwachsenwelt. Spiel ist ein Teil dieser Nachahmung. Es ist ein
Teil der Sozialisation, die die Kinder auf das spätere Leben vorbereitet. Hier
haben sie die Möglichkeit, zu lernen ohne für ihre Fehler sanktioniert zu
werden. Wie alle Kinder der Welt spielen auch afghanische Kinder mit Gegenständen
ihrer Umwelt. Spielwelt des Kindes ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Sie
gibt Auskunft über gesellschaftliche, politische , kulturelle, ökonomische,
geistige und ökologische Formationen eines Landes vor. Diese Formationen
beeinflussen wiederum das aktuelle Spielverhalten des Kindes. Durch Kinderspiele
können auch die verborgen Strukturen einer Gesellschaft durchschaut werden, ja
die "Seelewelt" eines Volkes besser verstanden werden. Der 23 jährige
Krieg beeinträchtigte auch das Spielverhalten des afghanischen Kindes. Die
Generation der 80er und 90er Jahren, wie allgemein oft erwähnt, kennt nur
Krieg, Zerstörung, Machtausübung , Waffengewalt zur Konfliktlösung,
Intoleranz u.v.m.
Zum Wiederaufbau gehört
zweifelsohne auch das Spiel des Kindes. Es kann zur Wiederentdeckung des
afghanischen Kindes beitragen. Folgende Spiele, diese traditionellen Schätze,
die Jahrtausende als bewährte Mittel der primären Sozialisation intentional
oder spontan eingesetzt waren, bereiteten vielen afghanischen Kindern nicht nur
Vergnügen, sondern auch Möglichkeit zum Lernen. In der Spielsituation haben
die Kinder Spielraum, ihre eigene Kreativität zu entwickeln. Hier wurden sie
nicht zu "etwas" erzogen, eingeredet, beeinflusst, manipuliert,
indoktriniert. Hier bleiben sie Kind, hier bleiben sie Mensch, lediglich
gestaltet die Erwachsenwelt höchstens ihre Umwelt zum "selbständigen"
Spiel. Wenn Erziehung als Hilfe zur Selbständigkeit definiert wird, dann war
diese Selbsttätigkeit und Selbständigkeit gerade im Spiel möglich.
Schön in der Säuglingszeit
spielen die Familienmitglieder mit dem Baby (in Afghanistan NINI genannt)
Finger- und Lautspiele. Wenn der Säugling wach ist, spielt er mit Mimik und
Gestik oder mit den Blicken der Erwachsenen. Er spielt vor allem tagsüber mit
seinen Fingern und Händen, wenn er ausgewickelt ist.
Tradition
des Wickelns
Während in den ersten
Monaten die Hände und Füße des Säuglings entsprechend dem traditionell
gewickelt sind, werden im Laufe der Zeit nur noch die Füße gebunden, so
daß der Säugling seine Hände frei bewegen kann. Das traditionelle
Wickeln ist im ländlichen Bevölkerung weit verbreitet. Hier wird das
Baby neben Stoffwindeln zusätzlich mit meterlangem, 2-3 cm breiten Band nachts
eingewickelt. Das Band ist mit allerlei Edelsteine, darunter Lapislazuli, geschmückt.
Diese Wickelform soll dem Kinde vor Kinderlähmung und Missbildung der
Beine schützen. Sie soll schlaffördernd sein. Damit fürchtet das Baby sich
nicht. Die Steine sollen dem Säugling vor dem bösen Blick schützen.
Kleinkinder spielen überwiegend
im Hause oder in der nähren Umgebung des Hauses, die die größere Kinder
nachahmen. Die größeren Kindern sind ihnen beim Spiel behilflich. Sar Malaq
( Purzelbaum) und Loto Palot (Rollen mit dem ganzen Körper bis zu einem
Ziel) sind sehr beliebt. Beliebt sind auch Kinderreime ( Kinderreime)
für jeden Alters und Entwicklungsstufe z.B. für die ersten Laufversuche. In
der Regel bekommt das Kind kein fertiges Spielzeug, sondern ihr Spielzeug
besteht aus Materialen, die es in seiner Umgebung findet und von den
Erwachsenen erlaubt sind bzw. geduldet werden. Mit dem Holzlöffel und
Aluminiumtopf kann das Kind gut trommeln.
Neben Haushaltsgegenständen,
die auch rar sind, spielt das Kind mit Naturprodukten wie Steinen, Holzklötzen,
Sand, Lehm, KLOCH (getrockneten Lehmformen), Knochen. Auf diese
Materialien sind die Kinder nicht auf Mithilfe der Erwachsen angewiesen.
Gebastelt werden von Erwachsenen für Kinder Handschleuder und Zwille, Räder. Mädchen
spielten solange mit Jungen zusammen bis ihre Brüste sichtbar werden.
Zwar die Trennung nach geschlechtsspezifischen Spielen
wurde mit der Pubertät vollzogen, aber in Kabul spielten die Mädchen nicht
nur gemeinsam mit Jungen, sondern auch die typisch männlichen Spiele.
Allerdings Spiele, die mit Grobheit und viel Bewegung verbunden waren, wurden
gerne von Jungen gespielt. Die Jungen spielten kaum mit Puppen. Trotz der
Emanzipationsversuche der afghanischen Frau in 60er bis 80er Jahre bleibt die
Mehrzahl der traditionellen Spielen geschlechtsbezogen. Afghanische Mädchen
bevorzugen Spiele, in denen Musik und Tanz, Lieder und Klatschen vorkommen, wie
z.B. Habuba Djahn Habuba (siehe Kinderreime). Das Interessante ist, daß
in Afghanistan die Hochzeit ein Fest für Frauen, Mädchen und Kinder ist. Hier
und bei anderen Feierlichkeiten (Beschneidungs- und Namensgebungsfesten) tanzen,
singen und klatschen überwiegend die Frauen. Sie spielen Dareah
(Tamburin - flache Fellkreisinstrumente, an Rändern mit Schellen befestigt),
die in verschiedenen Größen vorhanden waren.
Unten stelle ich einige
traditionellen Spiele der afghanischen Kinder vor:
Es ist zu erwähnen, daß die folgenden Spiele bzw. die Mehrzahl der Spiele
mehreren Spielarten gleichzeitig zuzuordnen sind.
Das Wort "Bazi" bedeutet
im Farsi (Farsi, was hier als Persisch bezeichnet wird, wird seit Ende der Sechziger
Jahren in Afghanistan offiziell Dari
genannt) bedeutet "Beschäftigung mit etwas, was umsonst ist",
"Zeit vergnüglich verbringen". Mit dem Verb dadan (geben) bedeutet
"täuschen" Bazi wird auch für Tanz gebraucht. Bazi bedeutet für
jede Tätigkeit, die Freude und Spaß an ihr selbst geschieht und keine
praktische Zielsetzung verfolgt. Auch wenn Spiel Spaß und Freude bedeutet, kann
es sehr ernst sein und ernst genommen werden. Es ist von Bedeutung für die
Entwicklung des Kindes. Spiel, sobald zweckgebunden wird, kann zur Spielsucht
werden. Hier nennen die Afghanen "Qemar" (Glückspiel).
Es gibt zahlreiche Spieltheorien.
Scheuerl z.B. untersuchte in seinem 1954 erschienen Buch, das Wesen des Spiels,
seine pädagogischen Möglichkeiten und Grenzen. Die Wesenbestimmung des Spiels
hat er in sechs Grundmomente subsumiert.
Das Moment der Freiheit
Das Spiel verfolgt keinen außerhalb seiner selbst liegenden Zweck.
Das Moment der Unendlichkeit
Das Spiel kann innerhalb seines Freiraumes gekennzeichnet werden als Bewegung
von innerer Unendlichkeit
Das Moment der Scheinhaftigkeit
Das Wort "Schein" wird zweifach verwendet. Schiller unterscheidet
zwischen "ästhetischen Schein" (Spiel) und logischem
"Schein" (Betrug).
Das Moment der Ambivalenz
Spiel ist zwar "Schein". Doch es findet in Zeit und Raum, in der
Realität, statt.
Das Moment der Geschlossenheit
Geschlossenheit ist der Grund dafür, warum das Spiel Regel und Grenze besitzt.
Zufall und Regel sind die Elemente des Spiels, Elemente des Universums.
Das Moment der Gegenwärtigkeit
Spiel stillt die momentanen Bedürfnisse des Menschen, ohne die Vergangenheit
und die Zukunft zu berücksichtigen.
Scheurl vertritt die Auffassung, daß
es für jede Aussage über das Spiel eine Gegenaussage gibt.
Aussage
Spiel
ist Erholung
ist Katharsis, Reinigung der Seele, Abbau von Aggressionen
ist nicht Arbeit
ist ein metaphysischer Spiegel des höheren Lebens
Es gibt kein Kulturkreis ohne
Spiel
|
Gegenaussage
Spiel
wird zum Rausch und zur Erschöpfung
verursacht Aggression für Fanatiker (Fußball)
Arbeit kann spielerisch verrichtet werden
es gibt geistlose, affektgeladene Spiele
Spiel wird in jeder Gemeinschaft verschieden gehandhabt.
|
Friedrich Schiller schreibt
in seinem 15. Brief über das Spiel: " ...der Mensch spielt nur, wo er in
voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er
spielt."
Fazit: In ihren Spielen
setzen die Kinder die kulturellen Schätzen der afghanischen Völker z.B. Tänzen,
Gesängen und Sitten fort
Bewegungsspiele
Lolek
Dawani (Radrollen)
Rad eines Fahrrades
Mit oder ohne Speichen wird
das Rad mit einem Holz oder Eisenstab geschoben. Bei einem Rad ohne
Speichen wird der Stab dazu auf die Felge des Rades aufgelegt und dieses auf
diese Art vorwärts gerollt. Bei einem Rad mit Speichen steckt der Junge den
Stab in die Nabe des Rades.
Eisenring
Der Ring wird aus einem
alten Autorades genommen (Das Gummi wird von den afghanischen Schustern für
Schuhe verwendet.). Dieser Ring wird mit Hilfe eines mit Häkchen versehenen
Eisendrahtes vorwärts bewegt.
Blechdosendeckel
Stange, Nagel, ein kleiner
Holzstock und ein Blechdosendeckel sind die Bestandteile dieses Spielzeuges. Ältere
Kinder basteln es sich selbst zusammen. Auch dieses Spielzeug wird entweder
geschoben oder gezogen.
Reifen
vom Fahrrad
Der Fahrradreifen wird
entweder mit der & nd oder mit einem Holzstock geschlagen und so
angetrieben.
Holzräder
Aus einem geeigneten Ast
werden mehrere Räder gesägt. Diese werden einzelnen so verarbeitet wie der
Blechdeckel. Manchmal werden mit diesen Rädern auch Fahrzeuge (Seifenkiste,
etc.) für die Kinder gebaut.
Gemeinschaftsspiele
Tscharch Chordan (sich drehen)
Die Kinder drehen sich um
die eigene Achse. Wer als erster schwindlig wird und aufgibt, verliert das
Spiel.
Gierakan (Fangspiel)
Dieses Spiel wird ohne
besondere Regeln ähnlich wie überall sonst auf der Welt gespielt: Die Kinder müssen
versuchen, sich gegenseitig zu fangen.
Gol Furosch (Blumenverkäufer)
Bei diesem Spiel stellen
sich die Kinder der Größe nach auf. Das größte Kind ist der Spielleiter, ein
anderes der Blumenverkäufer und der Rest stellt einfach Kinder dar.
Der Blumenverkäufer geht
auf die Reihe der Spieler zu und wirbt für seine schönen Blumen, die er eben
auf der Wiese gepflückt hat. Jede Blume bietet er für 5 Queran* (1 Q = 1/2
Af**.) an. Der Spielleiter (bei anderen Variationen stellen die Spielleiter
Mutter oder Vater o. ä. dar) bietet nur die Hälfte des Preises. Nach einigem
Handeln wird der Preis um 1/5 heruntergesetzt. Der Anführer möchte nun an der
Blume riechen, bevor er sie kauft. Er nimmt die Blume vom Händler entgegen,
riecht daran und reicht sie weiter. Der nächste riecht ebenfalls daran und
reicht sie weiter. So geht es solange, bis das letzte und kleinste Kind in der
Reihe die Blume bekommt. Es riecht daran, reißt sie in Stücke und sagt:
"Die Blume riecht nicht gut."
Der Blumenverkäufer sagt
nun zum Anführer: "Ja gol bede ja tschutscha (Entweder du gibst mir die
Blume oder ein Kind)". Der Anführer weigert sich, und der Blumenhändler
versucht, eines der Kinder zu fangen. Hierbei konzentriert er sich vor allem
auf das Ende der Reihe, weil dort die kleinsten Kinder sind. Die
Vordermannschaft, also die größeren Kinder und der Anführer bewegen aich
hin und her und behindern den Händler bei seinem Vorhaben. Dabei halten die
Kinder sich aneinander fest. Wenn es dem Blumenhändler gelingt, ein Kind
wegzuzerren, hat er gewonnen, ansonsten gewinnen die Kinder in der Reihe. Das
Spiel wird zugunsten des Blumenhändlers entschieden, falls die Schlange
unterbrochen wird.
Es gibt Variationen zu
diesem Spiel, die ich hier nicht auflisten werde.
* Queran = 50 Pul
** 100 Pul = 1 Afghani (Af) (Landeswährung)
Tscheschem Pottakan
("Augen zu") (Suchspiel)
Dieses Spiel wird von Mädchen
und Vorschulkindern bevorzugt. Ein Kind (Anführer) hält die Augen eines
Spielers zu und zählt bis zehn. Während dieser Zeit verstecken sich die
Mitspieler. Die Augen des Spielers werden geöffnet, und er macht sich auf den
Weg, um die anderen zu suchen. Falls er einen Spieler gefunden hat, hat er das
Spiel gewonnen, und die Augen des anderen Spielers werden zugehalten, und er muß
die anderen suchen. Die zu suchenden Personen können sich befreien, falls sie
wieder ins Ziel kommen, ohne gefangen zu werden. Ziel ist der Ausgangspunkt,
an dem sich der Spielleiter befindet. Andere Regeln werden von den Kindern
festgesetzt.
Symbolspiele
mit Bewegung
Assp
Bazi (Pferdspiel)
Assp Bazi wird meistens in
der Familie unter Geschwistern gespielt.
Ein Kind simuliert das
Pferd, das andere den Reiter. Das Kind, das das Pferd spielt, läuft auf allen
Vieren, der Reiter sitzt auf seinem Rücken und lenkt. Oft spielen die älteren
Geschwister das Pferd, so daß auch jüngere Kinder mitspielen können. Falls
die älteren Kinder Reiter spielen, tun sie nur so, als ob sie auf dem Rücken
des jüngeren Kindes reiten.
Assp
o Chorjeen (Pferd und Satteltaschen)
Dieses Spiel wird im Freien
gespielt und ist in Zentral- und Nordafghanistan sehr verbreitet.
Ein Junge spielt das Pferd und steht auf allen Vieren. Die jüngeren (oder
leichteren) Kinder sind Satteltaschen und hängen sich so über den Rücken des
"Pferdes", daß ihre Füße neben dem Kopf des anderen Kindes
erscheinen. Jedes Kind hält die Füße der anderen "Satteltasche"
fest, und meist reitet zusätzlich noch ein kleineres Kind auf dem Rücken des
"Pferdes".
Boz Kaschi ("Ziegen Ziehen")
Boz Kaschi (in der ausländischen
Literatur "Buzkashi" genannt) ist im Norden Afghanistans bei den
USBEKEN beheimatet und sollte früher, vor allem unter dem 1973 gestürzten König,
der Welt als "Nationalsport" präsentiert werden.
In diesem traditionellen
Steppenreiterspiel geht es darum, den ausgeweideten Kadaver eines Kalbes (statt
Ziege wie im Spielnamen suggeriert) vom Rücken eines galoppierenden Pferdes aus
vom Boden aufzunehmen und zu einem bestimmten Punkt zu bringen. Hierfür gibt
es eigens gezüchtete Pferde.
Die Kinder ahmen bei ihrem
Spiel die Erwachsenen nach, nur reiten sie statt auf Pferden auf den Schultern
anderer Jungen, die Pferde darstellen sollen. Von den Schultern des "Pferdes"
aus muß der "Tschapandaz" (Spieler) einen Gegenstand aufnehmen und zu
einem "Daria e Halal" (Schlacht- oder Zielkreis) bringen.
Hierbei ist alles erlaubt, um den Gegner bei seinem Vorhaben zu behindern:
schlagen, peitschen, stoBen, etc. Die Mannschaften versuchen natürlich, ihren
"Tschapandaz" zu schützen, ~amit er die "Ziege" rennend in
den Zielkreis werfen kann.
Aasp
o Gadi (Pferd und Kutsche)
Bei diesem Spiel sind die
Spieler meistens in etwa gleichaltrig.
Ein Kind spielt das Pferd,
das andere den Wagen. Aus einem langen halbierten Seil und einem ca. 10 cm
langen Stöckchen wird das "Zaumzeug" hergestellt. Dazu werden die
beiden Enden des Seils an den Enden des Stöckchens festgebunden. Dann wird das
"Pferd aufgezäumt". Zwischen die beiden Zügel nimmt der Kutscher die
Fahrgäste.
Bei einer anderen
Version wird ein Seil oder eine Schnur (häufig auch das Band des NINI)
folgendermaßen am Kind "befestigt": Die Mitte des Bandes liegt auf
dem Nacken des Kindes und die beiden Enden werden über seine Schultern und dann
unter den Armen hindurchgeführt. Auf diese Art wird das "Pferd" gezügelt
und gelenkt. Auch hier können wieder "Fahrgäste" zwischen die Zügel
qenommen werden.
Besonders beliebt als
"Pferde" sind bei den Jungen Mädchen mit langen Zöpfen (In
Afghanistan tragen Frauen und Mädchen häufig zwei oder mehr lange Zöpfe.), da
man die Zöpfe gut als "Zügel" verwenden kann. Dieses Spiel ist
allerdings oft mit Protesten von Seiten der Mädchen verbunden, da ihnen das
Ziehen an den Haaren weh tut.
Khossein
Dieses Spiel wird vor allem
in Niemruz (afghanisches Belutschistan) gespielt. Zwei Mannschaften stehen sich
in einer Reihe gegenüber. Alle Spieler stehen auf einem Bein, und der Mir der
ersten Gruppe versucht nun, einbeinig das Ziel zu erreichen, das sich hinter dem
gegnerischen Team befindet. Hierbei hält er mit der rechten Hand den großen
Zeh des linken Fußes fest oder mit der linken Hand den rechten Zeh. Die
Gegenpartei versucht natürlich, ihn daran zu hindern, den Zielhügel (TAPA) zu
erreichen, während sein Team ihn beschützt. Dabei entsteht ein Gerangel
zwischen den beiden Gruppen. Läßt ein Spieler seinen Zeh los, muß er
ausscheiden. Gelingt es dem Mir, das Ziel zu erreichen, hat seine Mannschaft
gewonnen. Das Ziel für jeden der beiden Anführer ist die Startposition der
anderen Gruppe.
Tup Danda ( Ball und
Stock)
Dieses Spiel entspricht
etwa dem deutschen Schlagball, bzw. dem amerikanischen Baseball. Für das Spiel
wird ein Stoffball und ein Brett benötigt. Ein Spieler schlägt das Ball mit
dem Stock und rennt zum Ziel. Inzwischen versucht der Spielpartner den Ball zu
fangen und ihn daran hindern zum Ziel zu kommen, in dem er mit dem gefangen Ball
ihn zu treffen. Trifft er dem Spieler mit dem Ball, hat er gewonnen und ist er
in der Reihe mit dem Ball zu schlagen.
Soziale Rollenspiele
Madar
o Batscha (Mutter und Kind)
Dieses Spiel läuft nach
dem gleichen Muster ab wie die "Mutter und Kind" Spiele in Deutschland
(Vater, Mutter Kind-Spiel) und wahrscheinlich überall auf der Welt. Die
Kinder imitieren hier das Verhalten der Mutter gegenüber ihren Kindern.
Dieses Spiel ist im Prinzip
das gleiche wie oben, nur übernimmt kein Spieler gern die Rolle des Babys. Das
"Baby" muß während des ganzen Spieles in einer "Wiege"
liegen, auf dem Schoß sitzen, an der Brust trinken usw. Es wird aber auch mit
Windeln umhüllt und wie ein "echtes" Baby mit einem Band umwickelt.
Dabei werden Hände und Fuße fest zusammengebunden, so daß es völlig passiv
bleiben muß.
Chanagak
kani (Haushalt oder Familienspiel)
Dieses Spiel wird von
Kindern verschiedenen Alters gespielt, die die Familienmitglieder nachahmen.
Wenn größere Kinder da sind, übernehmen diese die Rollen der Erwachsenen,
wenn nicht, spielen die kleineren Kinder auch ab und zu den Vater oder Großvater.
Dokan
Dari (Kaufladen)
Die Kinder spielen dieses
Spiel meistens im Winter, wenn draußen viel Schnee liegt und es kalt ist. Zu
dieser Zeit gibt es Zitrusfrüchte, aus deren Schalen mit Hilfe größerer
Kinder oder Erwachsener Ladenwaagen gebastelt werden. Besonders gut eignen sich
zu diesem Zweck die Schalen von sauren Orangen (Narenj).
Bei den Vorbereitungen zu
diesem Spiel sind die Großeltern willkommene Helfer. Um eine Ladenwaage zu
basteln, braucht man mindestens zwei Tage Zeit, da man als Waagschalen unbedingt
zwei bereits ausgehöhlte und getrocknete Orangenschalen braucht. Außerdem
braucht man eine Stange, acht kurze und zwei lange Schnüre, ein Stück Wolle
oder Stoff als "Zünglein an der Waage" und mehrere Steine als
Gewichte.
Für das Inventar des
Ladens sammeln die Kinder große und kleine Flaschen und Dosen, in den sie die
Waren aufbewahren können. "Verkauft" werden getrocknete Früchte
(Aprikosen, Backpflaumen, Rosinen, Kichererbsen, etc.), Körner, Holz und
Kohle.
Oft spielen die Erwachsenen
auch mit. Sie gehören dann zu den Kunden. Die Kundschaft handelt mit dem Verkäufer
und bezahlt mit Tauschobjekten oder simuliert dies. Manchmal wird auch mit
richtigen Münzen bezahlt. Die Preise werden während des Spieles nach Gutdünken
gedrückt oder erhöht.
Nach Beendigung des Spieles
essen die Spieler die Früchte bzw. alles Essbare im Laden gemeinsam auf.
Zum anderen Jahreszeiten, wenn die Erwachsenen mit Haus oder
Feldarbeit beschäftigt sind, spielen die Kinder allein. Hier spielen sie mit
Gegenständen, die bestimmte Waren darstellen sollen. Die Ladenwaage wird aus
anderem Material gebastelt, die Schalen z. B. aus Dosen, oder es wird ohne Waage
gespielt.
Arrossi Bazi (Hochzeitsspiel)
Die Hochzeitsspiele
entsprechen in ihrer Bedeutung für die Kinder in etwa der deutschen bzw. europäischen
Geburtstagsfeier. Geburtstagsfeiern sind in Afghanistan kaum üblich, lediglich
bei den Kindern der Stadtbevölkerung, vor allem in europäisierten Familien
wird der Geburtstag gefeiert, während der überwiegende Teil der afghanischen
Bevölkerung diesen Tag nicht einmal kennt. Das Hochzeitsspiel wird in den Städten
immer seltener, in ländlichen Gegenden oft gefeiert.
Vor allem die
Puppenhochzeit wird groß gefeiert. Jede Puppenmutter verheiratet jede ihrer
Puppen einmal. Jedes Jahr haben die Kinder mehrmals die Möglichkeit, an
Puppenhochzeiten der Freundinnen teilzunehmen. Die Erwachsenen machen mit, vor
allem bei der Vorbereitung der Hochzeiten. Sie kochen, basteln, nähen Kleider
oder machen Instrumentalmusik, während die Kinder singen oder auf kleineren
Instrumenten mitspielen. Sonst sind die Erwachsenen nicht aktiv beteiligt,
sondern sie schauen den Kindern zu oder fungieren als ein Teil der Hochzeitsgäste,
wenn das Puppenpaar sich der Hochzeitszeremonie unterzieht. Ansonsten erlauben
sie den Kindern, ihre Spiele selbständig zu spielen. Außerdem sind auch größere
Mädchen dabei, die darauf achten, daß die Regeln der Hochzeitszeremonie
eingehalten werden.
Die Kinder übernehmen hier
die Rollen des Brautpaares und der Hochzeitsgäste. Der Ablauf des Spieles hängt
von Alter und Erfahrung der Kinder ab. Sie spielen hauptsächlich das, was sie
unmittelbar sehen, und was das Paar und die Hochzeitsgemeinde tun.
Die Braut bekommt einen
Schal umgelegt. Der Bräutigam erwartet die Braut auf seinem Thron sitzend (An
diesem Abend wird der Bräutigam "Schah" (König) genannt.). Die
Kinder bewerfen das spielende Paar nun mit Süßigkeiten (manchmal nur
symbolisch) oder mit Popcorn, das vom Aussehen her den afghanischen NOQOL
(Bonbons) ähnelt. Nach dieser Zeremonie ist das Paar "verheiratet".
Die Gäste singen und tanzen, essen und trinken.
Die Kinder diesen Alters
haben einen größeren Erfahrungsschatz und fügen daher ihrem Spiel weitere
Einzelheiten hinzu. (Dies wird sich auch in den weiteren Spielbeschreibungen zu
diesem Thema zeigen. Ich werde deshalb nur die Details beschreiben, die in der
jeweiligen Altersstufe neu hinzukommen.)
Nachdem das Paar einige
Zeilen aus dem Koran gelesen hat (Dies ist obligatorisch, und auch die
Analphabeten können bestimmte Koranverse oder auch das ganze Buch
"lesen".), sieht es sich im Spiegel. Danach trinken die Brautleute
Saft (Zuckersaft + Früchte) aus einem Becher und essen "Malida", süße
und fette Brot- bzw. Mehlbrösel. Diese Zeremonie, und auch der Ringtausch,
findet unter dem Schal, verborgen vor den Hochzeitsgästen, statt.
Bei echten Hochzeiten dürfen
nur die jüngeren Kinder diese Zeremonie unter dem Schal beobachten, die
Erwachsenen und die älteren Kinder auf keinen Fall. Auch bei den jüngeren
Kindern wird es nicht gern gesehen, aber von den Organisatoren (Frauen)
geduldet.
Bei Familien, in denen die
Hochzeitszeremonie nach Geschlechtern getrennt vollzogen wird, dürfen die Männer
der Zeremonie nicht zusehen, es sei denn, sie sind Verwandte und enge Vertraute.
Von Gegend zu Gegend
unterschiedlich (in den Städten, wo die Hochzeiten in "Hotels" oder
Restaurants gefeiert werden, fast unüblich) zeigen die Kinder die JEES (43) der
Braut. Die JEES sind die Hochzeitsgeschenke der Braut und bestehen aus Kleidung,
Schmuck und Make-up.
Auf echten Hochzeiten wird
diese Funktion von einer lebhaften Frau übernommen, die die Geschenke in die Höhe
hebt und wie bei einer "Modenschau" den Gästen zeigt. Hierbei nennt
sie die Namen der Schenker.
Die Kinder spielen
teilweise auch die verborgenen Strukturen des afghanischen Hochzeitsbrauches
nach, die ihnen entweder durch Beobachtung oder vom Hören Sagen bekannt sind.
Die Mutter des Bräutigams
kommt zur Mutter der Braut und bittet um die Hand der Tochter. Nach wiederholten
Besuchen wird schließlich Tee und Noqol gereicht als Zeichen der Sympathie und
Hoffnung. Wird nur Tee gereicht, bedeutet das eine Absage.
Nach der Zustimmung wird
eine Verlobungszeit vereinbart, während der der Bräutigam ins Haus der Braut
kommen darf und nach deren Ablauf sofort geheiratet wird.
Vor allem Jungen bekommen
mit, was als MAHR der Frau von den Vertretern des Brautpaares vereinbart wird.
Die Frau wählt einen Vertreter, in der Regel einen Onkel oder den Vater, der Bräutigam
ernennt zwei "Minister", weil er selbst ein "König" ist.
Vor der "Aieana Mosaf"
(die mitternächtlichen Spiegelzeremonie) wird vor Sonnenuntergang die NEKA (die
religiöse Trauung) durch den Dorfmullah vollzogen. Bei getrennten Hochzeiten
kommt der Vertreter der Braut und gibt das "Ja-Wort". Hier ist die
Braut nicht anwesend, ihr Jawort wird aber von zwei Zeugen bestätigt. Bei
gemeinsamen Hochzeiten gibt eine Frau das Jawort, wobei die Braut anwesend ist.
Vom Tage der Hochzeit an
darf der Bräutigam weiße Kleidung tragen, dies ist zugleich auch ein Zeichen
der Reife und des Erwachsenseins, sonst tragen die ledigen jungen Männer
farbige Kleidung. Am Morgen des Hochzeitstages, gleich in der Frühe, bekommen
die Eheleute von den Eltern der Braut ihre "Morgengabe": Süßigkeiten,
Schmuck, Kleidung, Haushaltsgeräte, Tiere, aber auch die Lieblingsgegenstände
der Braut.
Arrossi e Godi
(Puppenhochzeit)
Die Figuren dieses Spiels
sind Puppen. Die Mädchen tun so, als ob die Puppen lebendig wären. Dazu werden
Dorfmädchen bzw. -kinder eingeladen. Sie spielen auf Musikinstrumenten (Daehra
= Handtrommeln, Tamburine), tanzen und singen. Es werden Süßigkeiten verteilt.
Mädchen spielen in der
Regel schon von früher Kindheit an, ca. ab dem 2. Lebensjahr mit Puppen. Diese
werden ihnen von Mutter, Großmutter, Tanten oder älteren Geschwistern
gebastelt. Auch hier werden möglichst sämtliche Rituale der Hochzeit
eingehalten.
Mehman Dari
(Besuch)
In Afghanistan werden viele
Stammes- und Familienkonflikte durch unerwartete oder auch angekündigte Besuche
kompensiert. Das liegt wahrscheinlich daran, daß in Afghanistan der Gast, auch
der ungebetene oder gar unerwünschte, König ist und den vollen Respekt des
Gastgebers genießt. Es ist völlig undenkbar, einen Besuch abzuweisen oder gar
aus dem Haus zu jagen, bevor er selbst aufbrechen möchte. Die Kinder ahmen die
Erwachsenen nach und können auf diese Art ebenfalls ihre Konflikte bereinigen.
Vorspiel:
Ein Kind kommt und sagt zu
einer Frau: "Tante, du hast Besuch bekommen."
Jor Porssani (Begrüßung):
Dem afghanischen Brauch zufolge wird der Gast wiederholt nach seiner Gesundheit
und dem Wohlergehen seiner Familienangehörigen befragt. Die älteren Personen
kommen als erste zu Wort. Die Jüngeren schweigen und reden erst, wenn sie
angesprochen werden.
Tee oder Obst
Nach den Höflichkeitsgepflogenheiten werden den Gästen
Getränke, in der Regel Tee, serviert. Saft und Obst bekommen die Kinder, aber
auch Bonbons. Nach dem Tee wird je nach Jahreszeit Obst serviert. Es ist üblich,
daß Gäste über Nacht bleiben, vor allem, wenn sie aua anderen Gegenden kommen
.Dann bleiben sie oft mehrere Tage. Bei den Mahlzeiten serviert der Gastgeber
alles, was er hat und anbieten kann.
Deegtscha Pazani ("Kochen im kleinen
Tontopf")
Echtes Kochen
Das Mädchen nimmt Feuer
von der Mutter und zündet ihren Herd an, der nicht weit vom Herd der Mutter
entfernt, im Garten oder im Hof steht. Nach dem Kochen wird das Essen unter den
Kindern verteilt. Es ist üblich, daß das Mädchen die Mutter zu sich ruft und
ihr den Topf zeigt, damit sie feststellen kann, ob das Essen so gut ist. Sie
gibt ihr den Kochlöffel, damit sie das Essen probiert, wie das Mädchen es von
der Mutter gelernt hat, die ihre Schwiegermutter das Essen abschmecken läßt.
Diese ist, falls sie noch lebt, die weibliche Autorität in der Familie.
Simuliertes Kochen
In einem kleinen Topf
werden Sand, Lehm oder Lehmklötze gekocht. Das Feuer ist symbolisch. Das Töpfchen
hat das Mädchen selbst aus Ton geformt, oder es hat einen kleinen Alutopf.
Nan Pokhtan (Brotbacken)
Vor Winteranfang renovieren
die Erwachsenen die Hof- oder Dorfbäckerei. Dabei wird der Bodenofen aus gelbem
Lehm oder Ton geformt. Die Form ist konisch. Die obere Öffnung hat einen
Durchmesser von ca. 50 cm und die untere von ca. 100 cm. Der Ton wird entweder
mit Schilfkolben oder mit Haaren zu einem Teig verknetet und ungebacken zu
diesem kegelförmigen Backofen (auch andere Behälter, z. B. KANDOS ) geformt
und in die Backgrube in der Backstube des Dorfes oder des Hofes eingegraben. Die
Höhe des Backofens kann bis zu 1 m betragen. In das eingegrabene Ende wird an
der Kante ein Loch eingeschnitten, das durch lange Röhren sowohl mit dem
Wohnzimmer als auch mit draußen verbunden ist. Das Wohnzimmer hat sog. "Fußbodenheizungskanäle",
die mit Steinplatten bedeckt und mit Lehm "zementiert" sind. Im Winter
wird die Klappe nach dem Wohnzimmer hin geöffnet. Nachdem das Heizmaterial
(Holz, Tierkot oder Strauchpflanzen) verbrannt und eine bestimmte Temperatur
erreicht ist, werden die bereits auf dem Backkissen ausgestreckten Brotfladen
mit Schwung an die Innenseiten des Ofens geklebt. Nach einer Weile wird das
knusprige Fladenbrot mit der Backgabel abgenommen. Von dem Ton, der beim
Ofenbauen übrig bleibt, formen sich auch die Kinder einen Backofen. Der
Backofen der Kinder ist entsprechend kleiner, aber durchaus funktionsfähig. In
ihrem Backofen backen sie entweder echtes oder aua Ton oder Lehm nachgeahmtes
Brot. Von dem Ton formen die Kinder auch Kindergeschirr, Figuren wie Tiere oder
anderes Spielzeug. Meistens spielen mehrere Kinder am Backofen, z. B. das eine
Kind knetet das Mehl zu Teig, und das andere backt im heißen Ofen.
Motar Dawani (Auto fahren)
Hier
können sich die Kinder jedweden Gegenstand zum Fahrzeug umwandeln und damit
spielen.
Sarwis Dawani
((Bus
fahren)
Für
dieses Spiel sind mindestens drei Mitspieler nötig, die die afghanische
Standardbesatzung eines Busses darstellen: den Fahrer, den Schaffner und den
KLINER. Der Kliner ruft die Stationen aus, gibt Starthilfe, putzt den Wagen, bei
Steigungen stellt er Bremsklötze hinter die Hinterräder, damit der Bus nicht
wieder hinunterrollen kann.
Die Kinder bauen aus Holz
und Steinen einen "Bus". Falls kein weiteres Kind mitspielt,
simulieren die Kinder eine Busfahrt ohne Fahrgast. Wenn "Fahrgäste"
da sind, sind immer die vorderen vier Sitzplätze für Frauen reserviert. Die
Kinder tauschen während des Spieles auch ihre Rollen, so daß nicht immer das
selbe Kind Fahrer, Schaffner, Kliner oder Fahrgast ist.
Lari Dawani (LKW fahren)
Für dieses Spiel ist zwei Personen (ein Fahrer und ein Kliner) erforderlich
Maktab Bazi
(Schule Spiel)
Beim Schule Spiel spielen
die Rinder Szenen aua ihrem Schulalltag nach, wobei auch die Form des Spieles
wenig, bzw. fast gar nicht von der auch in Europa durchaus üblichen Spielart
unterscheidet. Etwaige Unterschiede werden durch die landesüblichen
Gepflogenheiten im Umgang zwischen Lehrer und Schüler festgelegt.
Hazerie (Anwesenheitskontrolle)
In afghanischen Schulen
stellten sich die Schüler oft zu Beginn des Unterrichtes in Reihen auf dem
Schulhof auf, wobei jede Klasse eine Reihe bildete. Zur Anwesenheitskontrolle
rief der Klassenlehrer seine Schüler beim Namen auf. Der Schüler antwortete
"anwesend".
Osstad o Schagerd (Lehrer und Schüler)
Ein Kind spielt den Lehrer,
das andere den Schüler. Der Lehrer, der nicht selten einen Holzstock bei sich
trug, stellt dem Schüler Fragen, die dieser beantworten muß. Macht der Schüler
einen Fehler, darf der Lehrer ihn schlagen. Bei diesem Spiel werden die Rollen
immer wieder getauscht. Das Kind, das grade Lehrer ist, schlägt deshalb nicht
zu fest oder gar nicht, denn es weiß, daß das andere Kind auch an die Reihe
kommt und das Recht hat, es bei Fehlern zu strafen. Das Spiel wird auch
ohne Schlagstock gespielt, je nach dem, welche Erfahrung das Kind in der Schule
machte. Ab Ende der sechziger Jahren war auch in Afghanistan das Prügeln in der
Schule enorm abgenommen.
Dozd Bazi (Diebspielen)
König und Dieb
Vor allem in den
Wintermonaten spielen Kinder und Erwachsene gemeinsam. In der Stadt werden mit
Hilfe von Kartenspielen, auf dem Land mit Wort- und Versspielen die Rollen
verteilt.
Der Sieger ist König, der
zweite Minister (rechts), der dritte Minister (links) (rechts und links bedeutet
hier keine politische Einstellung, sondern weist auf den Platz an der Seite des
Königs hin), der vierte wird Beamter, der fünfte Dozdbegier (Diebfänger,
Polizist). Der Dozdbegier wird in einigen Gebieten Afghanistans auch Mohafez (Wächter)
genannt. Die Ämter werden je nach Anzahl der Spieler verteilt.
Der Polizist fängt den
Dieb und bringt ihn zum Beamten. Der Beamte bringt ihn zum Minister usw. bis zum
König. Der König entscheidet über Strafe oder Freilassung.
In der Regel ordnet er an, sein Gesicht mit einer Holzkohle schwarz zu bemalen.
(Auch bei diesem Spiel bestrafen die Kinder den Dieb nicht zu hart, weil sie
selber auch an die Reihe kommen.)
Dozd o Dozdbegier
(Dieb und
Diebfänger)
Aus einem Kreis versuchen
die Mitglieder eines Teams, einen Gegenstand zu "stehlen". Die
Spieler, die von einem Wächter, der in der Mitte des Kreises steht, gefangen
genommen werden, sind aus dem Spiel. Die Mannschaft gewinnt, deren Wächter die
meisten Diebe gefangen hat. Zwei Mannschaften mit je einem Anführer werden
gebildet. Die Anführer verstecken "Knochen" (Gegenstände), die die
Spieler des jeweils gegnerischen Teams finden und unbemerkt zu ihrem Anführer
bringen müssen. Gewonnen hat die Mannschaft, der der Spieler angehört, dem es
gelingt, den Gegenstand zu seinem Leiter zu bringen. Die Gewinner werden von den
Verlierern auf dem Rücken getragen. Gelingt es keinem Spieler, den
"Knochen" des gegnerischen Teams zu seinem Anführer zu bringen, endet
das Spiel unentschieden.
In den verschiedenen
Gegenden Afghanistans spielen die Kinder das Spiel unterschiedlich, es heißt
dann auch anders.
Im Panschir-Tal, z. B. wird
eine Tasse voll Erde (sie soll Salz darstellen) in die Mitte eines Kreises
gestellt. Der Wächter aus einem Team versucht, das kostbare "Salz" zu
bewachen. Wem es gelingt, das Salz zu stehlen, dessen Mannschaft hat gewonnen.
Der Wächter gewinnt, wenn er die Diebe fangen kann, ohne den Kreis zu
verlassen.
Es gibt noch andere Versionen dieses Spieles, auf deren Beschreibung ich hier
eigentlich verzichten sollte. Solche Sanktionen sind ausgesprochen brutal,
z. B. dürfen in manchen Versionen die "Diebe" geschlagen,
Regelspiele
Festspiele
Diese Feste sind das
Opferfest (Id e Qorban), das Ramadanfest (Id e Ramazan), Nauroz oder Nowruz
(Neujahrstag, in Afghanistan am 21.3.) sowie die Unabhängigkeitsfeiertage. Während
dieser Feste waren allerlei Glückspiele, Wettkämpfe, Straßentheater, Aufbau
von Straßencasino erlaubt.
Tochom Bazi oder Tochom Jangi ( Eierspiele)
Dieses Spiel ist nicht nur
bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen sehr beliebt, die es dann auch auf der
Straße oder öffentlichen Plätzen spielen. Kleinkinder spielen das Spiel auch,
allerdings nur in der Familie. Grundsätzlich wird Tochom Bazi nur an solchen
Festtagen gespielt, an denen die Kinder kleinere Geldbeträge, Süßigkeiten und
natürlich gekochte und gefärbte Eier bekommen.
Ein Spieler
"sitzt", d.h. er hält sein Ei so in der Hand fest, daß nur die
Spitze (SARAK) des Eies herausschaut. Der andere Spieler schlägt mit der Spitze
seines Eies darauf. Der Spieler, dessen Ei dabei zerbricht, hat verloren und muß
dem Gewinner sein angeschlagenes Ei (PATSCHAK) geben. Dieser kann mit dem
unteren Ende des Eis (Patachak) noch gegen einen anderen Spieler antreten.
Wurf- und Würfelspiele
Bogol Bazi (Kamel- und Schafsknöchelspiel)
Der Knöchel hat vier
Seiten, die beim Würfeln ausschließlich in Erscheinung treten, denn die
anderen beiden "Seiten" sind rund oder spitz, so daß der Knöchel auf
ihnen nie aufrecht stehen könnte. Die vier anderen Seiten haben Namen: Pferd,
Esel, Tschak und Pok.
Jeder Spieler hat zwei Knöchel
und würfelt damit. Gewinner ist, wer zwei Pferde, Pferd + Esel, oder Esel + Pok
würfelt. Dagegen verlieren Tschak + Esel und Tschak + Pferd. Der Gewinner
verlangt je nach Punkten einen der Knöchel oder alle beide.
Ältere Kinder und
Jugendliche spielen mit mehreren Bojol und schließen
dabei Wetten auf andere Werte (Gegenstände und Geld) ab. Bei Kindern unter 5
Jahren sehen die älteren Kinder in der Regel vom
Wegnehmen des Bojol ab, weil die Kleinen sonst weinen.
(J = wie g im Englischen)
Tokmma Bazi (Dokmma Bazi)
Knöpfchenspiel
1. Variation
Die Knöpfe werden
hochgeworfen. Ein Spieler beginnt. Er spannt seinen rechten Zeigefinger mit dem
linken oder den Zeige mit dem Mittelfinger (je nach Vereinbarung oder Lust des
Spielers) und visiert das Knöpfchen des Gegenspielers mit dem eigenen an. Falls
er trifft, hat er den Knopf gewonnen.
2. Variation
Die Spieler werfen aus
einer Entfernung von ca. 2 bis 5 m (je nach A1ter der Mitspieler) ihre Knöpfe
in Richtung auf ein Loch zu, das das Ziel darstellt. Gewonnen hat der Spieler,
dessen Knopf in das Loch fällt, verloren derjenige, dessen Knopf am weitesten
davon entfernt ist.
Eine Kombination aus der 1.
und der 2. Variation ist möglich und bei den älteren Kindern oft die Regel.
Scher o Khatt
("Löwe" und "Schrift" (Kopf oder Zahl)
Während ein Kind eine Münze
hochwirft, ruft ein anderer Spieler die Seite, die seiner Meinung nach bei der
Landung der Münze oben liegt. Rät er richtig, gewinnt er die Münze. Dieses
Spiel wird bei anderen Spielen auch benutzt, um bei Unstimmigkeiten den
Spieler auszulosen, der anfängt.
Sanqa Bazi und Tscharmaghaz Bazi (Holzkugel- Walnußspiel)
Dieses und ähnliche Spiele
existieren unter verschiedenen Bezeichnungen (Schodomak, Leschpak Bazi, Qottagan
usw.) und werden meistens in ländlichen Gegenden oder in den Städten vor allem
von Kindern der ärmeren Gesellschaftsschichten gespielt.
Jeder Spieler legt zwei
Walnüsse in eine Linie. Der Spieler, der an der Reihe ist, versucht mit seinem
SANQA, kurz SAQ genannt (hölzerne Murmel, die kleiner als eine Walnuß ist),
die Walnüsse der Gegner zu treffen, die in gebührendem Abstand voneinander
entfernt liegen, so daß man weiß, von wem die Nüsse sind.
Gewinner ist der Spieler,
dessen Saq eine Walnuß des Gegners trifft. Wenn keiner trifft, gewinnt der
Spieler, dessen Sag sich am nächsten bei der Walnuß befindet.
Andere, schwierigere
Variationen werden von älteren Kindern ab 7 Jahren gespielt. Man spielt auch
mit Murmeln, Porzellanscherben, Ziegen- und Schafskot (in Form von Kügelchen in
der Landschaft zu finden), Steinen, Kieselscherben usw. Oft nehmen die Kinder
unterschiedliche Materialien, damit sie ihre Spielgegenstände besser
unterscheiden können, wenn mehrere Spieler da sind.
Kamsaee (Würfeln)
Dieses Glücksspiel
wird von den Jugendlichen vor allem an Festtagen und an den Tagen des Unabhängigkeitsfestes,
das früher zwei Wochen dauerte, gespielt. An diesen Tagen wird dieses Spiel,
das auch QEMAR genannt wird, von der Gesellschaft geduldet. Man spielt mit zwei
normalen Würfeln. Gewonnen hat, wer zwei Sechsen wirft. Gelingt dies keinem der
Spieler, kann man auch mit zwei Fünfern
oder zwei Dreiern gewinnen.
Patscha Wasieri ("König und Minister")
(Streichholzschachtelspiel)
Dieses Spiel, wie auch
schon einige vorgenannte, ist stark von der afghanischen Vergangenheit geprägt.
Wie in vielen anderen Spielen entstammen auch in diesem die Bezeichnungen der
Mitspieler, je nach Gewinnplatz, der Rangordnung der alten Hierarchie.
In ländlichen Gegenden und
innerhalb der Familien wird häufig der Würfel durch eine Streichholzschachtel
ersetzt. Hier dienen die verschiedenen Seiten der Streichholzschachtel
vergleichbar mit den sechs Seiten eines Würfels der Markierung. Nur bekommt
nicht jede Seite eine bestimmte Punktzahl, sondern einen Namen zugeordnet.
"König" (und damit Sieger) wird der Spieler, bei dessen Wurf die
Schachtel aufrecht stehend aufkommt, wobei ihm die Etikettseite zugewandt ist.
"Dieb" (und Verlierer) ist der Spieler, dessen Schachtel flach, mit
dem Etikett nach unten landet.
Pandjaq
(Spiel mit fünf Steinen)
Besonders Kinder und Frauen
spielen an Wintertagen Pandjaq auf dem SANDALI (Das ist ein von unten beheizter
Tisch mit einer Decke darüber, um den herum vier Matratzen mit Lehne liegen,
auf denen man sitzt.) oder an sonnigen Tagen auf der Terrasse.
Für das Spiel braucht man
5 Steine von der Größe einer Murmel, die gleichzeitig in die Luft geworfen und
mit dem Handrücken wieder aufgefangen werden sollen. Die Steine, die auf dem
Boden landen, soll der Spieler durch ein von seiner Hand gebildetes Tor schießen.
Das Spiel geht folgendermaßen:
Man nimmt ein Steinchen und
wirft es hoch. Während es in der Luft ist, hebt man ein am Boden liegendes
Steinchen auf, wobei man aber auch auf das herunterkommende Steinchen achten muß,
damit es nicht auf den Boden fällt. Gleichzeitig muß der Spieler darauf
achten, daß er die am Boden liegenden Steinchen nicht berührt. Beim ersten
Wurf wirft er ein Steinchen hoch, dann zwei, drei, vier und schließlich alle fünf
auf einmal.
Nach Beendigung der ersten Regel
kommt die Schlussphase des Spieles. Der Spieler formt mit Zeigefinger und Daumen
der linken Hand - bei Linkshändern umgekehrt - eine Brücke bzw. ein Tor. Die
rechte Hand bzw. Faust, die mit 5 Steinchen gefüllt ist, schiebt man unter den
linken Arm und wirft dann die Steinchen über die Hand nach vorne, vor das Tor.
Dann nimmt der Spieler eines der Steinchen und wirft es hoch. Dabei schubst er
mit einem Finger oder der Handkante die liegenden Steinchen durch das Tor. In
dem Augenblick, in dem er durch das Tor schießt, muß er darauf achten, daß er
das bereits hochgeworfene und nun wieder herunterfallende Steinchen fängt.
Gelingt ihm das nicht, kann bei strenger Reglementierung das Spiel verloren
sein.
Das gerade ins Tor zu schießende
Steinchen darf die noch am Boden liegenden Steinchen nicht berühren. Je nach
vorherigen Vereinbarungen kann dabei eine Spielerin für diese Runde
ausgeschlossen werden, falls das Steinchen die anderen berührt.
Bei diesem Spiel kann es mehrere Gewinner geben.
(Bei kleineren Kinder wird meist ein Auge zugedrückt wenn ihr "Tor"
zusammenfällt.)
Danda Kelak: (Stange und Stäbchen)
Ein Loch wird in den Boden
gegraben. Seine Größe hängt von der Länge des Stäbchens ab. Dieses hat
meist die Größe eines Bleistifts und wird quer über das Loch gelegt.
Mit einem Stock, der wie das Stäbchen aus Holz ist, wird das Stäbchen in die
Luft geschleudert und kommt vertikal auf den Boden zu. Nun schlägt der Spieler
mit dem Stab gegen das Stäbchen, während es noch in der Luft ist und
schleudert es auf diese Art so weit wie möglich. Der andere Spieler versucht,
das Stäbchen zu fangen. Gelingt es ihm, kommt er an die Reihe. Fängt er es
nicht, 80 muß er versuchen, es mit Hilfe seines Stockes zum Loch zu bringen,
indem er mit diesem auf ein angespitztes Ende des Stäbchens schlägt. Das Stäbchen
springt hoch, und er kann es dann horizontal schlagen, bis es beim Loch ankommt.
Die Anzahl der Schläge wird vorher vereinbart. Trifft das Stäbchen genau im
Loch auf, hat er gewonnen. Sonst gewinnt der Spieler, dessen Stäbchen dem Loch
am nächsten gelandet ist. Gemessen wird mit dem 50 ‑ 100 cm langen
Schlagstock. Gewinner kann auch derjenige sein, dessen Stäbchen als erstes näher
als eine Stocklänge an das Loch herankommt. Es sind zwei Sieger in diesem
Spiel möglich.
Djoz Bazi (Kasten hüpfen)
Auch in Afghanistan haben
die Mädchen dieses Spiel gerne gespielt, wie überall in der Welt..
Spiele
mit Menschenketten
Zanjier
(Kette)
Die Kinder bilden eine
Kette, indem sie in einer Reihe stehen und sich an den Händen halten. Es wird
ein "Mir" (Anführer) gewählt, der dann seinen Platz am Anfang der
Kette einnimmt. In der Regel ist dies das älteste Kind. Zwischen ihm und dem
Kind am Ende der Schlange kommt es zu folgendem Dialog:
Batscha : Baba Baba
Baba: Jan e Baba
Batscha: Baba Baba Jangier a ra bafi?
Baba:
an
Batscha :Dar putsche Qala andachti ?
Baba: an
Batscha: Ba dol boram ja ba sornei
Baba : Ba Sornei (ba dol)
|
Kind (A) Baba, Baba
Älterer Mann: (B) ja, was möchtest du mein Kind?)
A) Hast du Ketten gemacht?
B) Ja
A) Hast du sie hinter die Festung geworfen?
B) Ja
A) Wie soll ich sie holen, trommelnd oder Schalmei (Sornei) spielend?
B) trommelnd (/Schalmei spielend) |
Der Spieler (A) ahmt den
Ton des genannten Musikinstrumentes nach und passiert unter den Armen eines
anderen (vorher bestimmten) Spielers hindurch. Dabei folgen die anderen Spieler
(außer dem Mir), bis die Kette wieder in der alten Position steht und der
vorher bestimmte Spieler verkettet ist, d. h. er muß sich umdrehen, wenn die
Kette nicht auseinanderbrechen soll. Es wird solange "trommelnd" oder
"Schalmei spielend" marschiert, bis alle (außer Mir und A) sich
umgedreht haben. Dann ziehen Mir und A jeder an seiner Seite der Kette, bis
diese auseinanderfällt. Nun gehen die beiden Spieler, die losgelassen haben, an
die beiden Enden der Kette und das Spiel beginnt von vorn.
Denk-, Reaktions- und Ratespiele
Tschnaq
Schekastan (Bazi)
Beim Huhnessen findet ein
Familienmitglied das Gabelbein. Darauf ziehen ein Kind und ein Erwachsener an
den beiden Enden des Knochens, bis dieser in zwei Teile bricht. Jeder Spieler
behält seinen Knochenteil. Ab jetzt müssen beide darauf achten, daß der eine
jedesmal, wenn der andere ihm etwas gibt, sagen muß: "Ich erinnere mich
wohl daran, du hast es vergessen!". Wer vergisst, das Paradigma zu sagen,
hat das Spiel verloren. Vorher wird vereinbart, was einer dem anderen schenken
soll.
Tumaq (Schafeknöchlein)
Während einer Mahlzeit mit
Schaffleisch findet jemand ein bestimmtes Knöchelchen in einem Stück Fleisch.
Er versucht nun, das Fleischstück mit dem Knochen darin einem anderen Mitglied
der Familie zu geben. Bemerkt dieser das Vorhaben, so verweigert er die Annahme.
Nimmt er das Fleischstück an und findet das Knöchelchen, so ruft der Geber:
"Du schuldest mir ein Tumaq". Der Empfänger kann sich befreien, indem
er bei der Annahme des Fleischstücks die Wette für beendet erklärt.
Er kann das Spiel auch
beenden, indem er das Knöchelchen aufisst. Falls die Wette aber gilt, er also
das Knöchelchen nicht gegessen und die Wette nicht für beendet erklärt hat,
muß er das Knöchelchen immer bei sich tragen oder es auf Verlangen dem Geber
aushändigen. Falls er dies nicht kann, verliert er das Spiel und muß dem
Gewinner einen vorher bestimmten Gegenstand schenken.
Bei einer anderen Variation
darf sich der Sieger seinen Gewinn aussuchen. Für Kinder ist dieses Spiel im
allgemeinen nicht interessant, sie werden aber nicht ausdrücklich
ausgeschlossen, d. h. falls ein Kind mitspielen möchte, wird es auch in das
Spiel einbezogen.
Emtehan e Danesch (Emtehan
e Fahm) (Gedächtnis-Probe)
Ein Spieler zeigt den
anderen Kindern eine Anzahl von Gegenständen (meist Gegenstände, die
die Kinder in ihren Taschen mit sich tragen wie Messer, farbige Steinchen, Nägel,
Kieselsteine uws.). Diese Gegenstände werden von einem Spieler versteckt.
Das Kind, daß sich an die meisten Sachen erinnern kann, ist Sieger. Je
nach Alter der Kinder kann das Spiel variiert werden.
Khana Bandanak (Kästchen
hüpfen)
Man zeichnet hierfür eine
Anzahl von Punkten auf ein Blatt Papier oder auf den Zeitungsrand. Die Punkte
sind in vertikalen und horizontalen Reihen angeordnet. Ein Spieler (A) beginnt
ynd verbindet zwei benachbarte Punkte durch eine Linie. Nun kommt der Spieler
B an die Reihe und verbindet ebenfalls zwei Punkte miteinander. A und B zeichnen
nun abwechselnd Linien von Punkt zu Punkt und versuchen dabei mit ihren Linien
den Gegner an der Vollendung eines Quadrates zu hindern. Kann ein Spieler ein
Quadrat vollenden, markiert er es mit seinem Zeichen (o oder x). Am Schluß des
Spieles zählen die Kinder ihre Kästchen. Wem es gelungen ist, die meisten zu
vollenden, hat gewonnen. Schulkinder spielen dieses Spiel - auch in Deutschland
beliebt - in langweiligen Schulstunden.
Tschaschem Burd (Jangi)
(Augenrennen oder -kampf)
Zwei Spieler blicken sich
so lange starr in die Augen, bis einer von ihnen mit der Wimper zuckt. Dieser
hat verloren.
Wortspiele als Denkspiele
Parid,
Parid (es fliegt, es fliegt)
Die Spieler sitzen am
SANDALI (Wintertisch) oder auf dem Boden und haben ihre Hände flach auf den
Tisch oder den Boden gelegt. Der Spielleiter (Mir) sagt z./B.: "Es fliegt,
es fliegt, es fliegt ein Flugzeug", und die Mitspieler müssen bei Gegenständen,
deren distinktives Merkmal "fliegen" ist, eine entsprechende
Handbewegung machen.
Der Mir kann aber auch
Gegenstände benennen, die nicht fliegen können und trotzdem die Handbewegung
des Fliegens machen, oder auch bei fliegenden Sachen keine Handbewegung
machen. Die Mitspieler müssen hier also schnell kombinieren können und nicht
einfach die Bewegungen des Mir nachahmen.
Erschwerend kommt hinzu, daß
man im Afghanischen das Wort "fliegen" auch symbolisch verwenden kann,
z. B. "der Schnee ist geflogen" (der Schnee ist geschmolzen, ohne
Schmelzwasser zu hinterlassen) oder "sein Schlaf ist geflogen" (jemand
ist über den Schlaf hinaus).
Gedichtwettbewerb
Scher jangi (Gedichtewettbewerb)
In Hazarajat, Herat und dem
Panschir-Tal ist Dichten auch bei den Erwachsenen ein beliebter Zeitvertreib.
Obwohl viele dieser Dichter des Panschir-Tales und von Hazarajat Analphabeten
sind, dichten sie. Ihre Dichtungen werden mündlich vorgetragen und so von
Generation zu Generation überliefert. Dies geschieht oft in Form von Wettkämpfen.
Der erste Spieler fängt an, ein Gedicht vorzutragen. Oft ist dies ein bekannter
Einzeiler, der als Eröffnung des Kampfes fungiert. Die anderen Spieler
versuchen Verse zu finden, deren Anfangsbuchstabe oder -wort mit dem
Endbuchstaben oder -wort des vorausgegangenen Verses identisch ist. Meist
spielen zwei Gruppen gegeneinander, und ein Leiter entscheidet, welche Gruppe
mehr Punkte gesammelt hat. Das Spiel wird oft auch im Literaturunterricht
gespielt. Hier fungiert der Lehrer als Schiedsrichter. Beliebt sind die Verse
der persisch- und paschtosprechenden Dichtern und Dichterinnen wie Hafis,
Ferdaussi, Sahddi, Jami, Mawlana Jalaluddin, Khaiam, Naser e Khesrau,
Rabia e Balchi, Khoschal Khan, Rahman Baba und Behdel, die oft rezitiert werden.
Diese Verse von Hafis und Saadi kennt jeder:
Hafis:
Waezan, key jelwa
dar mehrab und mombar mekonand
Tscho ba khewakht
merawand an kar e digar mekonand
|
Übersetzung
Die Prediger, die im
Altar glanzvoll erscheinen,
insgeheim tun sie anders
als sie verkündigen.
|
Saadi:
Bani Adam haza e yak digar and
dar aferenesch ze yak jawar and
Tscho Hozwe ba dard arad rozgar
Digar Hozwa ra namanad qarar
Tu gaz menate digran
beghame
Naschayed key namat
nehand adame |
Die Kinder Adams sind
Glieder (eines Körpers)
Von der Schöpfung her
sind sie aus einer Essenz
Wenn es ein Glied (des Körpers)
schmerzt
andere Glieder werden davon
nicht unbetroffen
Wenn Du Dich um andere
nicht kümmerst
Dich werden sie nicht
Human nennen
|
Brettspiele
Spielpläne für
Brettspiele werden in Afghanistan, vor allem in den ländlichen Gegenden, meist
auf den Boden gezeichnet.
Dowazda Boza (Bozda)
(Zwölf Ziegen)
Jeder Spieler hat zwölf
Spielsteine (z. B. weiße und farbige Steine). Auf den Boden wird ein Spielplan
gezeichnet. Das Spiel ist wie das Mühlespiel. Auf die Knotenpunkte setzt jeder
Spieler seine Steinchen. Der Mittelpunkt des Quadrates bleibt leer. Die Figuren
können nur über eine Figur springen und diese "fressen" (also
kassieren), wenn der darauf folgende Knotenpunkt leer ist. Im aller ersten Zug
des Spiels darf der Spieler nicht kassieren, der zweite Spieler allerdings
kassiert obligatorisch. Das Spiel wird also erst in den nächsten Zügen
interessant. Sieger ist, wer die meisten gegnerischen Figuren kassiert.
Tschubek e Gogerd Bazi
(Streichhölzerspiel)
Aus vorgelegten Figuren
sollen durch Verschieben, Wegnehmen oder Umlegen einer bestimmten Anzahl von
Streichhölzern neue, ebenfalls vorgegebene Figuren entstehen, z. B. sollen drei
Streichhölzer so verschoben
werden, daß aus einem Rechteck mehrere Rechtecke bzw. Quadrate werden.
Flußüberquerung
Ein Spieler soll mit Hilfe
eines Bootes, ein Lamm, einen Wolf oder Hund, Mehl, Fleisch und Kohl zum anderen
Flußufer transportieren. Hierbei ist es interessant herauszuknobeln, wer womit
allein gelassen werden kann, ohne daß Schaden entsteht. Der "Kapitän"
darf aber lediglich jeweils zwei Gegenstände oder ein Gegenstand und ein Tier
transportieren. Er darf am Ufer Wolf und Fleisch und Lamm und Kohl nicht
unbeaufsichtigt lassen.
Winterspiele
Die nachstehend genannten
Spiele, sind Spiele, die in Afghanistan nur im Winter gespielt werden, der
sowieso die Hauptspielzeit in diesem Land ist. Die an andere Stelle genannten
Spiele können allerdings auch zu anderen Jahreszeiten gespielt werden.
Faltspiele
als Konstruktionsspiele
Für kleine "Theaterstücke"
in der Wohnung oder auch auf der Straße werden Stofftiere aus Hand- und
Taschentüchern gefaltet. Man kann z. B. durch Falten, Rollen und Ziehen eines
Tuches eine Maus basteln. Das geht folgendermaßen:
Zunächst wird ein
quadratisches Tuch diagonal gefaltet, so daß eine Art Dreieck entsteht. Die
unteren Ecken des Dreiecks werden zur Mitte hin eingeschlagen. An dieser Stelle
hat die Figur Ähnlichkeit mit einem Häuschen. Nun wird das Tuch von unten her
zur Spitze hin hochgerollt, allerdings soll es die "Dachsitze" nicht
ganz erreichen.
Die beiden Enden der so
entstandenen Rolle werden nach innen gerollt, die zweilagige Spitze nach hinten
gezogen, und der Faltstreifen erscheint, der dann allmählich vorgezogen wird,
bis er den Rest des Tuches umhüllt. Die beiden Spitzen, die nun am vorderen und
am hinteren Ende der Rolle auftauchen, werden zu Ohren und Schwanz gedreht. Ältere
Kinder lassen die Maus springen und "reden".
Godiparanbazi
bzw. Gudiparanbazi
Godi
(Kaghaz) Paran Jangi (Drachensteigen bzw. Drachensteigen- Wettkampf
Zwei Jungen lassen
Drachen steigen, die sie meistens selbst gebastelt haben. Für die Konstruktion
des Drachens werden folgende Materialen benötigt: Bunte
Transparentpapier, "Tir" (Pfeil) und "Kaman" (Bogen),
geschnitten aus Bambus, Klebestoff, Faden
Für die Konstruktion der Fadenspule werden ein
Holzstab, zwei Holzscheiben, ca. 10 Stäbchen und Klebestoff benötigt.
Auch die Schnüre
werden für diesen Kampf besonders präpariert: Sie werden mit einer Masse aus
Scherbenpulver und Klebstoff überzogen. Oft ist diese Schicht so scharf, dass
die Jugendlichen, die die Schnur halten, Handschuhe bzw. Fingerschutz tragen müssen. Von der Schärfe
der Schnur, der Leichtigkeit des Drachens ("Godi" = "Puppe", so nennen die Spieler
ihren Drachen), Windstärke und von ihrer Geschwindigkeit hängt es ab, wer das
Spiel gewinnt.
Für den Wettkampf braucht
der Besitzer des Drachens einen Mitspieler, der die Fadenspule (TSCHARCHA) hält
und den Faden abspult. Wenn der Drachen eine bestimmte Höhe erreicht hat und
die passende Windstärke vorhanden ist, werden die beiden Schnüre verkreuzt und
dann solange Leine nachgegeben, bis eine der Schnüre zerreißt. Der Drachen,
der "asad" (los) ist, darf von jedem behalten werden, dem es gelingt,
ihn einzufangen. Sieger ist der Besitzer des Drachens, dessen Schnur nicht
zerreißt.
Manchmal ist die Entfernung
der Spieler voneinander so groß, daß die Kommunikation nur durch die
Drachenbewegungen möglich ist, oder es laufen kleinere Kinder mit Nachrichten
von einem Spieler zum anderen.
In den Städten, vor allem
in Kabul, ist dieser Sport in den Wintermonaten schon beinahe zu einem
"Wirtschaftszweig" geworden, da hier die Jugendlichen leicht die nötigen
bzw. fertigen Materialien kaufen können.
Godi (Kaghaz) Paran Bazi
(Drachensteigen-Spiele)
Die Jugendlichen lassen
ihre Drachen ganz normal, ohne jede Wettkampfabsicht, steigen.
Barf
Bazi ( Schneespiele)
Sportliche Winterspiele
Im Winter spielen zwei
Mannschaften Schneeballschlacht. Die Kinder bewerfen sich gegenseitig mit
Schneebällen, im Hochgebirge des Hindukusch geschieht dies aus größerer
Entfernung mit Hilfe von Schleudern (Palakman).
Die Mannschaft, die die
gegnerischen Spieler am häufigsten getroffen hatten, gewinnt.
"Schlitten"
fahren
Wenn es schneit,
schaufeln auch die Kinder Schnee von den Lehmdächern. Sie tun dies gern, denn
im Winter wird das Dach auch als Spielplatz genutzt (z. B. zum Drachensteigen).
Die hierbei entstehenden Schneehügel oder auch Berghänge rutschen die Kinder
auf Messingtabletts oder Holzbrettern hinunter.
Yachmalek Chordan
(Eiseutschen)
An eisigen Wintertagen wird
abends eine lange Strecke mit Wasser übergossen. Dieses Wasser gefriert über
Nacht und es entsteht eine dicke Eisschicht, auf der am Morgen dann mit viel
Schwung gerutscht wird.
Gau Duschedan (Küh
melken)
An sonnigen Wintertagen
lehnen die Kinder große Eisschollen an eine Mauer oder auch eine an Wand auf
dem Dach. Auf das Eis streuen sie etwas Erde, so daß beim Schmelzen des Eises
eine Brühe von Eiswasser und Staub herunterfließt.
Für die Kinder ist das Eis
die "Kuh" und die Brühe die "Milch". Wer die meiste Milch
gemolken hat, ist Sieger. Die Menge der Milch wird an allerlei verschiedenen
Zeichen gemessen, u. a. an der Länge der Spurrillen, die sie hinterlassen hat.
Barfi Kardan (Sachtan)
(Schneeüberraschung)
Beim ersten Schneefall im
Jahr (Herbstende) sammelt ein Kind Neuschnee und gibt ihn dem Erwachsenen als
Geschenk getarnt. Akzeptiert der Erwachsene den eingepackten Gegenstand, trägt
das Kind folgendes Wortspiel vor:

Barf mebarad mossalesal as hawa
Barf e nau as ma o Barfi as schuma
Es fällt permanent Schnee
vom Himmel
Schnee von mir und Barfi (hier Party oder Geschenk) von Ihnen.
Bemerkt der Erwachsene das
Vorhaben des Kindes, fängt er das Kind ein und färbt ihm das Gesicht schwarz.
Gelingt es dem Kind zu entwischen, muß der Erwachsene für das Kind und seine Gäste
ein Fest (Mehmani) veranstalten.
Tschestan goftan (Rätsel
raten)
An langen Winterabenden
sitzen die Kinder und Jugendlichen um den berühmten Sandali und rätseln. Ein
Kind gibt ein Rätsel auf und wer als erster den Rätsel auflöst, der gewinnt.
Kleinere Kinder werden oft geholfen. Ein einfaches Rätsel ist z.B.:
" Ein Ding läuft tagsüber,
abends, wenn es zuhause ankommt und ruht, nimmt es den Platz einer Größe einer
Münze ein." Die Kinder rufen dann "Regenschirm" oder
"Gehstock"
Sommerspiele
(Tauchen und Münzen
fischen)
In den Flüssen (an
seichten Stellen), an Bewässerungsbecken, Bächen und Naturschwimmbecken
tauchen die Kinder und fischen Gegenstände, z. B. Münzen mit dem Mund (oder
auch mit der Hand) heraus.
Manchmal tauchen auch zwei
Jungen gemeinsam und versuchen, so lange wie möglich unter Wasser zu bleiben.
Wer es am längsten aushält, hat gewonnen.
Nan Chassttan
(Brotlaib verlangen)
An Regenpfützen (in den Städten
gibt es kaum eine Kanalisation, die das Regenwasser aufnehmen könnte) und an
kleinen Seen werfen die Kinder geeignete Steinchen auf das Wasser und lassen
sie darüber springen. Bei jeder Berührung zwischen Wasser und Stein entsteht
ein Wasserring bzw. eine kleine Welle, die von den Kindern als Brotlaib
bezeichnet wird. Wer die meisten Brotlaibe, also Ringe, produziert, ist Sieger.
Bastelspiele
Zeitungspapier bastelt das
Kind durch Falten und Ziehen Schiffe, Flugzeuge, Sänften, etc. Dieses Spielzeug
hält nicht lange, vor allem die Papierschiffe werden im Wasser schnell durchnässt
und zerstört. Dennoch spielt das afghanische Kind damit in Pfützen auf der
Straße. Wenn kleinere Kinder mitspielen wollen, müssen die älteren ihnen
helfen, da sie selbst noch nicht falten können.
Phantasiespiele und
Orakelbefragung
Im Barat Monat (dem 8.
Monat vor dem Fastenmonat Ramadan) treiben auch die Afghanen mit Feuerwerk die bösen
Geister aus. In den Barat und den nachfolgenden Ramadannächten spielen die
Menschen allerlei Spiele, während man während des Ramadan tagsüber seinen
religiösen Pflichten mit besonderem Eifer nachkommen muß.
Barats Braut
Vor allem in ländlichen
Gebieten spielen die Mädchen dieses Spiel, das mit einer gehörigen Portion
Aberglauben gekoppelt ist. Ein verschleiertes Mädchen sitzt in der Mitte des
Kreises, die anderen Mädchen um sie herum. Jede Spielerin legt einen persönlichen
Gegenstand in einen Korb, wobei das verschleierte Mädchen nicht sehen kann, wer
was hineinlegt.
Dann werden von einer
Mitspielerin Verse rezitiert, die entweder Glück oder Unglück bedeuten, während
das verschleierte Mädchen bei jedem Vers einen Gegenstand aus dem Korb zieht,
wie bei einer Verlosung. Die Besitzerin des Gegenstandes hat je nach
Interpretation und Inhalt des gerade rezitierten Verses Glück oder Pech in der
Zukunft.
Dieses Spiel wird vor allem
von noch unverheirateten Mädchen gespielt.
Faal didan
(Orakelbefragung)
An den Winterabenden oder
auch in Baratnächten nehmen die Mädchen aus dem "Bücherregal", das
meist über der Tür hängt und in dem der Koran, der Hadiz (das Werk Mohammeds)
und der "Hafis Diwan" aufbewahrt werden, den Hafis Diwan und Saadi
Golestan (wörtl. Blumengarten Saadi, Buch von Saadi) heraus, küssen das Buch,.
schlagen ihn mit geschlossenen Augen auf und zeigen auf ein Vers mit dem Finger
an. Hierbei wünschen sich die Mädchen etwas (z. B. Glück, verständnisvolle
Ehemänner, Bestehen der Examen etc.). Ein Ausleger unter ihnen liest dann die
Verse auf der entsprechenden Seite vor und interpretiert sie für die Mädchen.
Auch in der Familie wird in Winterzeit oder im Fastenzeit (Ramadan kann wegen
der 10 Tage Verschiebung im Sommer fallen) nach dem das Fasten gebrochen, das
Abendgebet abgeschlossen, wird Scher jangi (siehe Gedichtewettbewerb) veranstaltet.
Besonders schneiden die Mädchen gut mit Rezitieren der Verse aus.
Konstruktionsspiele
Die Konstruktionsspiele
sind überwiegend Gelegenheitsspiele, d. h. sie entstehen aus den momentanen
Gegebenheiten heraus.
Allgemeines Basteln und
Töpfern
Spiele wie das Töpfern von
Geschirr aus Lehm und Ton, der Bau von Kaufladen, Danda Kelak, Zwille, Roller
(Lolak Variationen) sowie die Konstruktion von Drachen erfordern ein gewisses Maß
an manueller Geschicklichkeit. Derartiges Spielzeug, oft Gelegenheitsspielzeug,
basteln die Kinder selbst, manchmal unter Mithilfe der älteren Kinder und
Jugendlichen.
Reg Bazi (
Sandspiel )
Sandkästen gibt es in
Afghanistan nicht. Die Kinder spielen überall mit Sand und bauen Burgen
(afghanisch Qala), etc. wie die Kinder in Europa es im Sandkasten oder am Strand
tun.
Gel Bazi (Lehmspiel )
Wenn die Verwandten alle
zusammenarbeiten, um für eine junge Familie ein Lehmhaus zu bauen, dürfen die
Kinder auch mitmachen. Wenn sie zu klein zum arbeiten sind oder keine Lust dazu
haben, können sie mit dem Lehm auch spielen. Dieser Lehm ist besonders gut zum
Formen geeignet, da er einen Tag zuvor vorbereitet und stundenlang geknetet
wird, also besonders geschmeidig ist. (siehe dazu Nanpochtan = Brotbacken). Lehm
(mit verschiedenen Variationen und Gemisch) spielt eine große Rolle im Leben
des afghanischen Volkes. Zum Bau von Häusern, Kandos, Ofen,
(Istalefi Geschirr), Kannen und Kahgel (mit Stroh gemischter Lehm) wird Lehm benötigt.
Kampfspiele, Tierkämpfe
Tierkämpfe können mit allen erdenklichen Tieren ausgetragen werden. Allerdings
finden bei jüngeren Kindern die Kämpfe in der Regel nicht mit Tieren statt,
sondern zwei Kinder imitieren die betreffenden Tiere.
Sag Jangi (Hundenkampf)
Hier lassen Heranwachsende
und Erwachsene Hunde gegeneinander kämpfen, wobei auch Wetten abgeschlossen
werden. Verloren hat derjenige, dessen Hund als erster aufgibt oder verletzt
wird.
Morgh Jangi
(Hahnenkampf)
Hier lassen auch schon
Jugendliche ihre Hähne gegeneinander antreten.
Kapk Jangi (Rebhühnerkampf)
Wie der Hahnenkampf, nur
mit gezähmten Rebhühner.
Kaftar Bazi
(Taubenspiel)
Jugendliche und Erwachsene
halten auf ihre Dächern in selbstgebauten Taubenschlägen Tauben. Sie lassen
sie fliegen und holen mit einer Locktaube (PATTKI) die fremden Tauben herunter.
Auf Kabuler Altstadt, die inzwischen vollständig zerstört worden ist, sah man
die Tauben fliegen. Manche Kunststücke der Taubenschare konnte man damals
bewundern
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